Hat das Finanzamt noch ein Bedürfnis für eine weitere Prüfung, wenn es in einer vorhergehenden Prüfung schon alles ermitteln konnte und seine Feststellungen getroffen hat?

Das Finanzamt Hamburg-Hansa führte beim Steuerpflichten eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. Diese endete mit einem Prüfungsbericht, in dem festgehalten ist, dass sich umsatzsteuerlich keine Änderungen ergeben. Soweit, so gut.

Prüfungsfeststellungen mit handfestem Verdacht

Vielmehr kommt die Prüferin zu dem Ergebnis, dass der Gewinn zu erhöhen sei. Das betrifft aber nicht die Umsatzsteuer, sondern die Einkommensteuer und gegebenenfalls die Gewerbesteuer.

Damit nicht genug: Die Betriebsprüfung äussert noch einen handfesten Verdacht der Steuerhinterziehung oder Schwarzarbeit.

Nun sass der geprüfte Unternehmer vor mir. Als ich das lass, fragte ich, ob ein Strafverfahren laufe oder der Zoll mal da gewesen sei? Das verneinte der Unternehmer.

So versuchte ich es erst damit, das Finanzamt aufzufordern, den Prüfungsbericht bezüglich der Verdachtsaussage zu ändern. Doch dies lehnte das ab. Stattdessen ergingen nach kurzer Zeit neue Einkommensteuer-Bescheide, die die Gewinnerhöhung umsetzten. Dagegen wurde Einspruch eingelegt.

Das Finanzamt will nochmal prüfen

Nun ordnete das Finanzamt eine erneute Prüfung an, und zwar eine reguläre Aussenprüfung für die identische Zeit wie die Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Dies ging zum Finanzgericht. Das Argument: Das Finanzamt hat doch offenbart, dass es kein Prüfungsbedürfnis hat. Es hat schliesslich schon Feststellungen getroffen. Zwar mag es grundsätzlich eröffnet sein, zweimal denselben Sachverhalt zu prüfen. Aber doch nicht, wenn

In der ersten mündlichen Verhandlung wies die Finanzrichterin darauf hin, dass es sicher unglücklich sei, wenn das Finanzamt in eine Prüfung mit getroffenen Feststellungen gehe. Auch die geäusserten Verdachtsmomente fanden dezente Kritik. Es erging der Hinweis, ob die Parteien nicht unter Einbeziehung der Betriebsprüfung die Sache aussergerichtlich erörtern wollen. Das nahmen die Vertreterin des Finanzamtes und ich auf und verabredeten, dass die Vertreterin des Finanzamtes das mit dem Betriebsprüfer besprechen solle. Sodann solle ein Gesprächstermin gefunden werden.

Die Sache erörtern will das Finanzamt nicht

Als mein Mitarbeiter bei der Vertreterin des Finanzamtes anrief wegen eines Termins kam die Rückfrage, worüber den gesprochen werden solle. Das überraschte.

So kam es als zur zweiten mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht. Es erstaunte ein wenig, dass dort auch der Sachgebietsleiter der Betriebsprüfung nebst der Prüferin aufliefen. Die Richterin wies daraufhin, dass bei ihr nicht der Ort für solch ein Gespräch sei. Zur Sach- und Rechtslage war nicht mehr gross zu verhandeln.

Das Finanzgericht winkt das Finanzamt durch

Die Abfrage der Entscheidung (Finanzgericht Hamburg vom 28.1.2019, 3 K 133/18) am nächten Morgen ergab: Klage abgewiesen, Revision nicht zugelassen.

Immerhin besteht nun die Gewissheit, dass kein Strafverfahren läuft. Nun wäre es auch etwas spät für die Prüfer, eines einzuleiten, ohne sich nicht selbst in den Schlammassel zu reiten. Denn entweder bestand der behauptete Verdacht: wenn die Prüferin dann aber nicht Mitteilungen an die Strafsachenstelle und auch an die Finanzkontrolle Schwarzarbeit macht, kann sie sich selbst wegen Strafvereitelung im Amt strafbar machen. Bestand der Verdacht hingegen nicht, dann grenzt die Behauptung an Verleumdung.

Es wäre zu wünschen, dass Finanzrichter den Finanzämtern nicht soviel von deren Bockmist durchgehen liessen, um diese zu disziplinieren.

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