In den letzten Jahren hat der Gesetzgeber neben den steuerlichen Aussenprüfungen den Finanzämtern das Instrumentarium der Steuer-Nachschau für bestimmte Bereiche in die Hand gegeben. Nach der 2002 eingeführten Umsatzsteuer-Nachschau folgte 2013 die Lohnsteuer-Nachschau und ab 2017 die Kassen-Nachschau.

Anders als die Betriebsprüfung führen die Finanzämter die Steuer-Nachschauen spontan und unangekündigt aus. Die Steuer-Nachschau ist keine steuerliche Aussenprüfung im engeren Sinne (also im Sinne der §§ 193 ff. AO). Mit der Steuer-Nachschau soll allgemein und ohne konkrete Zielsetzung der Zustand des Unternehmens angeschaut werden soll. Beabsichtigt das Finanzamt hingegen einen konkreten Einzelsachverhalt aufzuklären, dann ist es auf eine Augenscheinnahme gemäss §§ 98 ff. AO im rahmen der allgemeinen Sachaufklärung beschränkt. Die Steuer-Nachschau setzt einen konkreten Anlass und Aufklärungsbedarf voraus.

Gibt eine Steuer-Nachschau dazu Anlass, kann das Finanzamt ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 AO) zu einer Aussenprüfung übergehen. Offenbaren sich jedoch Anhaltspunkte für Straftaten, so ist – wie bei der steuerlichen Aussenprüfung auch – ein Strafverfahren einzuleiten.

Die Durchführung der Steuer-Nachschau ist schlichtes Verwaltungshandeln. Gegen schlichtes Verwaltungshandeln (z. B. Betreten von Grundstücken und Räume zur Durchführung einer Steuer-Nachschau) ist kein Einspruch gegeben. Erst die im Rahmen der Steuer-Nachschau ergangenen Verwaltungsakte können gemäß § 347 AO mit Einspruch angefochten werden.

Die Umsatzsteuer-Nachschau

Mit Wirkung ab 1.1.2002 hat der Gesetzgeber durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (StVBG) vom 19.12.2001 (BGBl I 01, 3922 = BStBl II 02, 32) die Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b Umsatzsteuergesetz (UStG) eingeführt. Die Umsatzsteuer-Nachschau soll insbesondere der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs dienen (Bundestags-Drucksache 14/6883, S. 9). Der Vorteil der Umsatzsteuer-Nachschau gegenüber den bisherigen Instrumenten der Finanzbehörde besteht darin, auch ohne einen strafrechtlichen Anfangsverdacht unangekündigt beim Steuerpflichtigen erscheinen zu können.

  • Die Nachschau setzt einen konkreten Anlass und Aufklärungsbedarf voraus. Nach der Finanzverwaltung (UStAE 27b.1 Abs 2) ist die Nachschau insbesondere bei folgenden Anlässen angezeigt:
  • Existenzprüfungen bei Unternehmensgründungen,
  • Entscheidungen bei Zustimmungen nach § 168 Satz 2 AO: Reicht ein Unternehmer eine berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung ein, die zu einer Steuererstattung führt, so wird diese erst wirksam mit Zustimmung des Finanzamtes.
  • Erledigung von Auskunftsersuchen zum Vorsteuerabzug anderer Finanzämtern (Kontrollmitteilungen): Mit Kontrollmitteilungen unterrichtet ein Finanzamt ein anderes über einen bestimmten Sachverhalt oder bestimmte Umstände, die für das unterrichtete Finanzamt von Interesse sein können. Häufig fertigen Betriebsprüfer Kontrollmitteilungen über Umstände betreffend die Geschäftspartner des Geprüften, damit deren Betriebsstättenfinanzamt denselben Sachverhalt beim Geschäftspartner prüfen kann. Das kann etwa sein, ob der Geschäftspartner die Voraussetzungen erfüllt, dass der andere die Vorsteuer aus Rechnungen ziehen darf.
  • Erledigung von Auskunftsersuchen anderer Mitgliedstaaten.

Als Sachverhalte, die den Einsatz einer USt-Nachschau rechtfertigen können, sind genannt:

  • Unternehmerexistenz,
  • Vorhandensein von Anlage- und Umlaufvermögen,
  • einzelne Eingangs- und Ausgangsrechnungen,
  • einzelne Buchungsvorgänge,
  • Verwendungsverhältnisse.

Im Rahmen einer Nachschau ermöglicht § 27b UStG das Betreten und Besichtigen von Geschäfts- und Betriebsräumen sowie gemischt genutzten Räumen zu den üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten. Individuell (abweichende) Geschäfts- und Arbeitszeiten des Betroffenen sind zu respektieren, so lange dies nicht zu einer unverhältnismäßigen oder unzumutbaren Beeinträchtigung der finanzbehördlichen Ermittlungstätigkeit führt. Im Gegensatz dazu dürfen private Wohnräume gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden (§ 27b Abs. 1 Satz 2 UStG) (OFD Magdeburg, DStR 2012, 909).

Die Umsatzsteuer-Nachschau darf nicht einer Durchsuchung gleichkommen. Durchsuchung ist das „ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhaltes“, mit dem Zweck, „etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will“ (BVerfG 51, 97, 106f).

Die Lohnsteuer-Nachschau

Mit § 42g Einkommensteuergesetz (EStG) ist durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013 (BGBl I 2013, 1809) eine Regelung zur Lohnsteuer-Nachschau neu in das EStG eingefügt worden. Die Vorschrift ist zum 30.06.2013 in Kraft getreten.

Die Lohnsteuer-Nachschau ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung möglicher steuererheblicher Sachverhalte. Steuererheblich sind Sachverhalte, die eine Lohnsteuerpflicht begründen oder zu einer Änderung der Höhe der Lohnsteuer oder der Zuschlagsteuern führen können.

Nach der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 302/12, S. 39) soll die gesetzliche Regelung der Nachschau eine gesicherte Rechtsgrundlage für die Beteiligung von Lohnsteuer-Aussenprüfern an Einsätzen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit schaffen.

Die Lohnsteuer-Nachschau dient der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlags, der Kirchenlohnsteuer oder von Pflichtbeiträgen zu einer Arbeits- oder Arbeitnehmerkammer. Ziel der Lohnsteuer-Nachschau ist es, einen Eindruck von den räumlichen Verhältnissen, dem tatsächlich eingesetzten Personal und dem üblichen Geschäftsbetrieb zu gewinnen (BMF vom 16.10.2014 – IV C 5 – S 2386/09/10002 :001, DOK 2014/0890135, DStR 2014, 2129).

Eine Lohnsteuer-Nachschau kommt nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF vom 16.10.2014, DStR 2014, 2129) insbesondere in Betracht:

  • bei Beteiligung an Einsätzen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit,
  • zur Feststellung der Arbeitgeber- oder Arbeitnehmereigenschaft,
  • zur Feststellung der Anzahl der insgesamt beschäftigten Arbeitnehmer,
  • bei Aufnahme eines neuen Betriebs,
  • zur Feststellung, ob der Arbeitgeber eine lohnsteuerliche Betriebsstätte unterhält,
  • zur Feststellung, ob eine Person selbständig oder als Arbeitnehmer tätig ist,
  • zur Prüfung der steuerlichen Behandlung von sog. Minijobs (§ 8 Abs. 1 und 2 SGB IV), ausgenommen Beschäftigungen in Privathaushalten,
  • zur Prüfung des Abrufs und der Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) und
  • zur Prüfung der Anwendung von Pauschalierungsvorschriften, z. B. § 37b Abs. 2 EStG.

Nicht Gegenstand der Lohnsteuer-Nachschau sind:

  • Ermittlungen der individuellen steuerlichen Verhältnisse der Arbeitnehmer, soweit sie für den Lohnsteuer-Abzug nicht von Bedeutung sind,
  • die Erfüllung der Pflichten des Arbeitgebers nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz und
  • Beschäftigungen in Privathaushalten.

Die Kassen-Nachschau

Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen (Kassengesetz) hat der Gesetzgeber per 2018 die Kassen-Nachschau eingeführt. Das Kassengesetz will zukünftig die Manipulation von elektronischen Registrierkassen unterbuinden. Die Prüfung der ordnungsgemässen Kassenführung ist bei bargeldintensiven Unternehmen häufig ein Prüfungsschwerpunkt in der Betriebsprüfung.

Kassen-Nachschau: Eine spontane Prüfung der Finanzämter, um die Ordnungsmässigkeit der Kassenbuchführung zu kontrollieren
Kassen-Nachschau: Eine spontane Prüfung der Finanzämter, um die Ordnungsmässigkeit der Kassenbuchführung zu kontrolliere

Ergänzend zu den bereits vorhandenen Instrumenten der Steuerkontrolle wird als neues Instrument eine Kassen-Nachschau grundsätzlich ab dem 1.1.2018 eingeführt. Dies ist ein eigenständiges Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte unter anderem mit der ordnungsgemäßen Erfassung von Geschäftsvorfällen. Die Regelung ist ähnlich ausgestaltet, wie die schon existierende Lohnsteuer- oder Umsatzsteuer-Nachschau (§ 42g EStG bzw. § 27b UStG). Die elektronischen zertifizierten Aufzeichnungssysteme unterliegen erst ab dem 01.01.2018 der Überprüfung durch eine Kassen-Nachschau.

Die Finanzverwaltung kann zukünftig im Rahmen der Kassen-Nachschau ohne vorherige Ankündigung während der üblichen Geschäftszeiten die Ordnungsgemäßheit der Aufzeichnung und Buchung von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sowie den Einsatz des zertifizierten Aufzeichnungssystems überprüfen. Die Kassen-Nachschau kann sowohl bei elektronischen Registrierkassen als auch bei offenen Ladenkassen erfolgen.

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