Finanzgericht
und Finanzgerichtsbarkeit

Was ist ein Finanzgericht?

Das Finanzgericht ist ein besonderes Fachgericht. Die Richterinnen und Richter befinden über Klagen von Bürgern, die meinen, zu Unrecht von Finanzämtern oder von Zollbehörden „zur Kasse gebeten“ worden zu sein. Bürger können sich also vor den Finanzgerichten gegen Maßnahmen der Finanzbehörden zur Wehr setzen, die in Steuer- und in Zollsachen ergehen. Die Bestrafung von Steuersündern gehört daher nicht zu den Aufgaben der Finanzgerichte. Das Finanzgericht ist auch kein „verlängerter Arm“ der Finanzverwaltung. Es ist – wie jedes andere Gericht auch – unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

Bevor das Finanzgericht angerufen wird

Das Finanzamt erlässt – z. B. aufgrund einer Steuererklärung – gegen den Bürger (oder eine steuerpflichtige Gesellschaft oder Personenvereinigung) einen Steuerbescheid.

Was können Sie dagegen tun?

Der Steuerbescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung, die man aufmerksam durchlesen sollte. Darin teilt die Behörde dem Bürger mit, was er tun muss, wenn er den Bescheid des Finanzamtes für unzutreffend hält und überprüfen lassen möchte: Gegen den Bescheid des Finanzamtes kann der Bürger innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides Einspruch einlegen. Der Einspruch soll begründet werden.

Der Einspruch ist kostenfrei. Das Finanzamt prüft nun die neuen Argumente und kann in vollem Umfang – nach entsprechendem Hinweis auch zum Nachteil des Bürgers – neu entscheiden.

Gibt das Finanzamt dem Bürger ganz oder teilweise Recht, so erlässt es einen Änderungs- oder Aufhebungsbescheid. Weist das Finanzamt den Einspruch des Bürgers zurück, so erlässt eine Einspruchsentscheidung.

Auch eine Einspruchsentscheidung enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung. Darin wird darauf hingewiesen, dass nunmehr binnen eines Monats Klage erhoben werden kann. In der Rechtsbehelfsbelehrung steht auch, welches Finanzgericht für die Angelegenheit zuständig ist.

Wie klagt man beim Finanzgericht?

Das Verfahren vor dem Finanzgericht wird durch eine Klageschrift des Bürgers eingeleitet. Die Klageschrift muss den Kläger, den Beklagten (z. B. das Finanzamt), den Gegenstand des Klagebegehrens, den Bescheid des Finanzamtes, der angegriffen wird sowie die Einspruchsentscheidung bezeichnen.

Der Kläger muss deutlich machen, welche Entscheidung er von dem Finanzgericht erwartet. Die Klageschrift muss eigenhändig unterzeichnet sein.

Die Arbeit des Finanzgerichts wird erleichtert, wenn der Klage eine Abschrift des angegriffenen Bescheides und der Einspruchsentscheidung beigefügt sind.

Wer entscheidet beim Finanzgericht?

Das Finanzgericht ist in Senate gegliedert. Einem Senat gehören drei Berufsrichter und – in der mündlichen Verhandlung – zwei ehrenamtliche Richter an. Der Senat kann in einfacher Sache beschließen, dass ein Berufsrichter allein als Einzelrichter entscheidet.

Wie entscheidet das Finanzgericht?

Das Gericht prüft, ob der Kläger alle Formalitäten erfüllt hat und ob sein Klagebegehren berechtigt ist. Das Gericht ist dabei nicht daran gebunden, was von dem Kläger oder dem Finanzgericht vorgetragen wird.

Es ermittelt vielmehr alle Fakten von Amts wegen. Den Beteiligten wird rechtliches Gehör gewährt. Kläger und beklagtes Finanzamt erhalten Gelegenheit, sich zu allen Punkten, die zur Grundlage der gerichtlichen Entscheidung gemacht werden sollen, zu äußern. Hat der Kläger alle Formalien beachtet und ist das Klagebegehren berechtigt, gibt das Gericht der Klage statt.

Muss man die Steuer zahlen, obwohl man Einspruch eingelegt hat oder klagt?

Grundsätzlich ist die durch Steuerbescheid festgesetzte Steuer zu bezahlen. Ein Einspruch oder eine Klage allein sorgt hier nicht für einen Aufschub. Sie können aber beim Finanzamt beantragen, die Vollziehung des Bescheides auszusetzen.

Gibt das Finanzamt dem Antrag statt, so müssen sie zunächst nicht zahlen. Lehnt die Finanzbehörden hingegen den Antrag ab, so können sie ihn noch einmal beim Finanzgericht stellen.

Das Finanzgericht wird einem solchen Antrag jedoch nur stattgeben, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Steuerbescheides bestehen oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung der Vollziehung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

Was kostet ein Prozess vor dem Finanzgericht?

Beim Finanzgericht muss der Kläger bei Einreichung der Klage keine Kosten vorschießen. Ist er nicht in der Lage, die Kosten eines Verfahrens zu tragen, so kann er Prozesskostenhilfe beantragen.

Diese bewilligt das Finanzgericht, wenn die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Gewinnt der Kläger den Prozess, so hat die Beklagte Finanzbehörde die Kosten des Verfahrens (Gerichtskosten, Auslagen und etwaige Anwalts- bzw. Steuerberaterkosten) zu tragen.

Verliert der Kläger den Prozess, muss er die Kosten des Verfahrens tragen. Bei einem nur teilweisen Obsiegen sind die Kosten regelmäßig anteilig zu tragen.

Die Kosten richten sich nach dem Streitwert. Der Streitwert bestimmt sich in der Regel nach dem Betrag, in dessen Höhe eine Minderung der Steuer mit der Klage begehrt wird. Der Streitwert beträgt jedoch mindestens 1 000 Euro. Bei diesem Mindeststreitwert betragen die Gerichtskosten 440 Euro.

Kommen Sie während des finanzgerichtlichen Verfahrens zu dem Ergebnis, dass Sie höchstwahrscheinlich doch im Unrecht waren, sollten Sie angesichts der Kosten prüfen, ob es nicht sinnvoller ist, die Klage zurückzunehmen.

Hierdurch werden Sie zwar nicht frei von Kosten. Diese mindern sich aber um die Hälfte, sofern die Rücknahme bis vor Ablauf des Tages erfolgt, an dem ein Beweisbeschluss oder ein Gerichtsbescheid unterschrieben ist, und früher als eine Woche vor Beginn des Tages, der für die mündliche Verhandlung vorgesehen war.

Kann die Entscheidung des Finanzgerichts angegriffen werden?

Die Entscheidung des Finanzgerichts kann mit der Revision durch den Bundesfinanzhof überprüft werden. Eine Revision ist jedoch grundsätzlich nur dann möglich, wenn sie durch das Finanzgericht oder durch den Bundesfinanzhof ausdrücklich zugelassen wird.

In der Regel entscheidet dies das Finanzgericht endgültig. Die Entscheidung des Finanzgerichts, die Revision nicht zuzulassen, kann jedoch mit der sog. Nichtzulassungsbeschwerde angegriffen werden.

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Rechtsanwalt und Steuerberater Nils Obenhaus

Nils Obenhaus

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