Anforderungen an Kassenaufzeichnungen

Buchführung / Aufzeichnungen, Kasse

Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung

Bei der Führung und Aufbewahrung von Büchern und Aufzeichnungen haben Steuerpflichtige die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) zu beachten. Sie gelten für Papieraufzeichnungen und digitale Aufzeichnungen gleichermaßen. Die GoB enthalten sowohl formelle als auch materielle Anforderungen an eine Buchführung. Formelle Anforderungen ergeben sich insbesondere aus den §§ 238 ff. HGB für Kaufleute und aus den §§ 145-147 AO für alle buchführungs- und aufzeichnungspflichtigen Unternehmer. Materiell ordnungsmäßig sind Bücher und Aufzeichnungen, wenn die Geschäftsvorfälle nachvollziehbar, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet in ihrer Auswirkung erfasst und anschließend gebucht bzw. verarbeitet sind (GoBD, Rz. 19).

Die Rechtsprechung sieht in den GoB Regeln, nach denen ein Kaufmann zu verfahren hat, um zu einer dem gesetzlichen Zweck entsprechenden Bilanz zu gelangen (BFH GrS vom 3.2.1969, BStBl II 1969 S. 291). Inhaltlich bestimmt werden sie durch

  • Gesetze und Durchführungsverordnungen,
  • Verwaltungsvorschriften/Erlasse,
  • gutachterliche Stellungnahmen,
  • wissenschaftliche Abhandlungen,
  • Empfehlungen von Verbänden und Behörden,
  • kaufmännische Übung,
  • Handelsbrauch,
  • Gewohnheit,
  • Verkehrsanschauung,
  • technischen Fortschritt,
  • organisatorische Änderungen und die
  • Rechtsprechung der Gerichte.

Auch die im Rahmen der Kassenführung zu beachtenden GoB ergeben sich für Kaufleute zunächst aus dem Handelsrecht (§§ 238 ff. HGB). Einzelne dem Handelsrecht entstammende GoB wurden zudem – teils wortgleich – ausdrücklich in steuerliche Ordnungsvorschriften übernommen, z. B. in:

§ 145 AO: Allgemeine Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnungen

§ 146 AO: Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen

§ 147 AO: Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen

Die steuerlichen Ordnungsvorschriften gelten nicht nur für Buchführungspflichtige, sondern insbesondere (auch) für alle Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts einschließlich der Kleinunternehmer, die Aufzeichnungen nach § 22 UStG zu führen haben.

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit rechtfertigt nicht, dass Grundprinzipien der Ordnungsmäßigkeit verletzt und die Zwecke der Buchführung erheblich gefährdet werden. Die zur Vermeidung einer solchen Gefährdung erforderlichen Kosten muss der Steuerpflichtige genauso in Kauf nehmen wie alle anderen Anwendungen, die die Art seines Betriebs mit sich bringen (BFH vom 26.3.1968, BStBl II S. 527; GoBD, Rz. 29).

Steuerliche Ordnungsvorschriften (§§ 145 – 147 AO)

Grundsatz der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit (§ 145 AO)

Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann (GoBD, Rz. 32, 56).

Sachverständiger Dritter i. d. S. kann ein Angehöriger steuerberatender Berufe (z. B. Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) oder ein Bediensteter der Finanzverwaltung sein, der für den Prüfungsdienst ausgebildet wurde und ausreichende Sachkunde über das im Einzelfall verwendete Buchführungssystem hat (z. B. Betriebs- oder Fahndungsprüfer).

Progressive und retrograde Prüfbarkeit

Geschäftsvorfälle müssen vollständig aufgezeichnet werden und sich in ihrer Entstehung und Abwicklung lückenlos verfolgen lassen (GoBD, Rz. 32, 36). Die Verarbeitung der einzelnen Geschäftsvorfälle sowie das dabei angewendete Buchführungs- oder Aufzeichnungsverfahren müs- sen nachvollziehbar sein (GoBD, Rz. 30). Erforderlich ist die progressive und retrograde Prüfbarkeit (GoBD, Rz. 32), das gilt nicht nur für Pa- pieraufzeichnungen, sondern auch für DV-gestützte Buchführungen und sonst erforderliche elektronische Aufzeichnungen (GoBD, Rz. 146, 147).

Die progressive Prüfung beginnt beim Beleg, geht über das Grundbuch/ die Grundaufzeichnungen und das Journal zum Hauptbuch (Konten) und in die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung, von dort weiter in die Steueranmeldungen bzw. in die Steuererklärungen. Die retrograde Prüfung verläuft umgekehrt, d. h. von der Steuererklärung/-anmeldung bis hin zurück zum ursprünglichen Beleg. Progressive und retrograde Prüfbarkeit müssen während der gesamten Dauer der Aufbewahrungs- pfl und in jedem Verfahrensschritt gewährleistet sein (GoBD, Rz. 33).

Verfahrensdokumentation

Beim Einsatz von IT-Technologie umfasst der Grundsatz der Nach- vollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der formellen und sachlichen Richtigkeit auch das Erfordernis aussagekräftiger und vollständiger Verfahrensdokumentationen (GoBD, Rz. 34, 145). Die äußere Gestalt (Papierform oder digitale Form) kann der Unternehmer frei wählen (BFH vom 23.2.2018, X B 65/17).

In Registrier- oder PC-Kassen lässt sich für Betriebsprüfer hier schnell der erste „Fallstrick“ finden. Denn als sachverständiger Dritter muss er in die Lage versetzt werden, im Wege von System- und Verfahrensprüfungen die programminterne Verarbeitung, insbesondere die Verarbeitungsfunktionen und -regeln, in angemessener Zeit nachzuvollziehen. Möglich ist das nur, wenn dem sachverständigen Dritten Inhalt, Aufbau, Ablauf und Ergebnisse des Datenverarbeitungsverfahrens vollständig und schlüssig dargelegt werden. Produktabhängige System- oder Programmierkenntnisse können von ihm aber nicht erwartet werden (GoBD, Rz. 148). Eine Verfahrensdokumentation muss deshalb vor allem aussagekräftig, vollständig, verständlich und für den sachverständigen Dritten in angemessener Zeit nachprüfbar sein.

Die Verfahrensdokumentation beschreibt den technisch und organisatorisch gewollten Prozess und besteht in der Regel aus

  • einer allgemeinen Beschreibung,
  • einer Anwenderdokumentation,
  • einer technischen Systemdokumentation und
  • einer Betriebsdokumentation.

Die allgemeine Beschreibung beinhaltet Angaben zur Organisation des Unternehmens, etwa in welchen Bereichen das DV-System verwendet wird und wie die organisatorischen Abläufe geregelt sind.

Zur Anwenderdokumentation gehören z. B. Benutzerhandbücher, Bedienungsanleitungen und Programmierhandbücher der Kasse, ferner Installations- und Einrichtungsanleitungen sowie die dazu gehörigen Protokolle über die Grundeinstellungen und betriebsspezifischen Anpassungen (sog. Customizing). Aus der Anwenderdokumentation ergeben sich auch Art und Bedeutung der Eingabefelder. Bei Verwendung von Standardsoftware ist die seitens des Herstellers gelieferte Dokumentation um die Beschreibung der unternehmensspezifischen Anpassungen und die Dokumentation des im Unternehmen eingerichteten internen Kontrollsystems zu ergänzen.

In der technischen Systemdokumentation lassen sich z. B. Angaben zur Netzinfrastruktur finden, zum Aufbau von Datensätzen und Tabellen bei Datenbanken und deren Verarbeitungsregeln sowie Angaben über Schnittstellen zu anderen Systemen.

In der Betriebsdokumentation wird die ordnungsgemäße Anwen- dung des Verfahrens (IKS) dokumentiert. Sie enthält ferner Aussagen über Berechtigungen (wer darf was) oder Datensicherungsverfahren. Schließlich sind auch die verfügbaren Programme mit Versionsnach- weisen Teil einer Betriebsdokumentation.

Wie der BFH entschieden hat, bieten fehlende Programmierprotokolle für sich allein genommen bereits Anlass für Schätzungen. Das soll nur dann nicht gelten, wenn der Unternehmer darlegen kann, dass die von ihm verwendete Registrierkasse trotz ihrer Programmierbarkeit ausnahmsweise keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet (BFH vom 25.3.2015, BStBl 2015 II S. 743). Allerdings wird dieser Nachweis kaum zu erbringen sein, da grundsätzlich kein elektronisches Aufzeichnungssystem zu 100 Prozent manipulationssicher sein dürfte (Zum aktuellen Stand der Rechtsprechung hinsichtlich der Manipulationsanfälligkeit eines PC-gestützten Kassensystems und den daraus resultierenden Rechtsfolgen vgl. FG Münster vom 29.3.2017 – 7 K 3675/13 E,G,U; nachfolgend: BFH vom 23.2.2018, X B 65/17 unter Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG Münster).

Erfahrungen aus zahlreichen Betriebsprüfungen zeigen, dass die Verpflichtung zur Erstellung und Aufbewahrung einer Verfahrensdokumentation häufig vernachlässigt wird. Beeinträchtigt eine ungenügende oder gar fehlende Verfahrensdokumentation die progressive und retrograde Prüfbarkeit, liegt ein wesentlicher formeller Mangel der Buchführung vor, der den Finanzbehörden im Regelfall die Schätzungsbefugnis eröffnet (BFH vom 25.3.2015, BStBl 2015 II S. 743). Nur soweit die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit nicht beeinträchtigt ist, liegt kein formeller Mangel mit sachlichem Gewicht vor, der zum Verwerfen der Buchführung führen kann (GoBD, Rz. 155).

Der Deutsche Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik im bargeld- und bargeldlosen Zahlungsverkehr e. V. (www.dfka.net) bietet den ihm angeschlossenen Kassenherstellern und Kassenaufstellern eine Muster-Verfahrensdokumentation an.

Auch Ihr Steuerberater kennt die gesetzlichen Vorschriften und ist daher ein wichtiger Partner, um die notwendigen Organisations- unterlagen zu definieren und bei deren Erstellung Hilfe zu leisten.

Belegprinzip

Buchungen und sonst erforderliche Aufzeichnungen müssen durch ei- nen Beleg nachgewiesen werden können (GoBD, Rz. 30).

Belegfunktion

Geschäftsvorfälle sind in Übereinstimmung mit den tatsächlichen Verhältnissen und im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften inhaltlich zutreffend durch Belege abzubilden, der Wahrheit entsprechend aufzuzeichnen und bei kontenmäßiger Abbildung zutreffend zu kontieren (GoBD, Rz. 44). Dieses sog. Belegprinzip erfordert, dass zu jeder Buchung oder Aufzeichnung ein Beleg vorhanden sein muss, der erfassungsgerecht aufzubereiten ist (GoBD, Rz. 75 ff.). Die erfassungsgerechte Aufbereitung ist gerade bei externen Belegen (z. B. Eingangsrechnungen) von Bedeutung, da der Unternehmer i. d. R. keinen Einfluss auf die Gestaltung der ihm zugesandten Handelsbriefe hat (GoBD, Rz. 75). Die einzelnen zu buchenden Angaben müssen eindeutig aus dem Beleg erkennbar sein.

Bei internen Vorgängen fehlen dem Unternehmer naturgemäß Fremdbelege, z. B. für Privatentnahmen und Privateinlagen, Abschlussbuchungen, Umbuchungen oder Stornierungen. Da dennoch auch hier der Grundsatz „keine Buchung ohne Beleg“ gilt, sind in diesen Fällen Eigenbelege anzufertigen (GoBD, Rz. 61).

Die Erfüllung der Belegfunktion ist die Grundvoraussetzung für die Be- weiskraft einer Buchführung und sonst erforderlicher Aufzeichnungen. Sie gilt auch bei Einsatz eines DV-Systems (GoBD, Rz. 61). Zweck der Belege ist der sichere und klare Nachweis über den Zusammenhang zwischen den unternehmensexternen und –internen Vorgängen in der Realität einerseits und dem gebuchten Inhalt in den Geschäftsbüchern andererseits (Belegprinzip). Auf die Bezeichnung als „Beleg“ kommt es nicht an (GoBD, Rz. 61).

Jedem Geschäftsvorfall muss ein Beleg mit nachfolgenden Inhalten zugrunde liegen (vgl. GoBD, Rz. 77):

  • Eindeutige Belegnummer (z. B. Index, Paginiernummer, Dokumenten-ID, fortlaufende Rechnungsausgangsnummer.
  • Hinreichende Erläuterung des Geschäftsvorfalls auf dem Beleg, ggf. nach erfassungsgerechter Aufbereitung bei Fremdbelegen.
  • Belegaussteller- und Empfänger, soweit keine (gesetzlichen oder branchenüblichen) Erleichterungen bestehen.
  • Zu buchender Betrag einschl. Währungsangabe und Wechselkurs bei Fremdwährungen oder Mengen- und Wertangaben, aus denen sich der zu buchende Betrag ergibt.
  • Belegdatum.
  • Bestätigung des Vorgangs (Autorisierung) durch den Aussteller des Belegs, i. d. R. durch den Buchführungs- oder Aufzeichnungspflich- tigen oder einen verantwortlichen Dritten (z. B. den Bediener einer Kasse).

Für Zwecke der Umsatzsteuer können weitere Angaben erforderlich sein, wie z. B. Rechnungsangaben (GoBD, Rz. 78), ferner ggf. Angaben über steuerfreie oder ermäßigt zu besteuernde Umsätze. Der Steuerbe- rater ist hier bei Detailfragen der richtige Ansprechpartner.

Nur im Zusammenhang mit Belegen ist eine Buchführung ordnungsgemäß und beweiskräftig. Deshalb gilt der Grundsatz: Keine Buchung ohne Beleg. Er gilt für Einnahmeüberschussrechner und Buchführungspflichtige gleichermaßen (BFH vom 7.2.2008 – X B 189/07).

Belege sind grundsätzlich zu ergänzen um Angaben zur Kontierung (Konto, Gegenkonto), zum Ordnungskriterium für die Ablage und zum Buchungsdatum.

Bei elektronischen Belegen kann die Belegfunktion auch durch die Verbindung mit einem Datensatz mit Angaben zur Kontierung oder durch eine elektronische Verknüpfung (z. B. eindeutiger Index, Barcode, Dokumenten-ID) erfolgen. Wie elektronische Belege erfasst, empfangen, verarbeitet, ausgegeben und aufbewahrt werden, muss aus der Verfahrensdokumentation ersichtlich sein.

Praxistipp

Fehlen die genannten Angaben auf den Belegen, hat der Unternehmer durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Geschäftsvorfälle auch ohne diese Angaben in angemessener Zeit progressiv und retrograd nachprüfbar sind. Sämtliche Belege sind in fortlaufender und lückenloser Reihenfolge zu sortieren und aufzubewahren, bei Papierbelegen üblicher Weise getrennt nach sog. Buchungskreisen.

Belegsicherung

Belege sind zeitnah gegen Verlust zu sichern, d. h. möglichst unmittelbar nach ihrem Eingang oder ihrer Entstehung. Durch organisatorische Vorkehrungen muss sichergestellt werden, dass die Belege bis zu ihrer Erfassung nicht verloren gehen. Bei Papierbelegen geschieht das z. B. durch

    • laufende Nummerierung,
    • laufende Ablage in besonderen Mappen und Ordnern,
    • zeitgerechte Erfassung in Grund(buch)aufzeichnungen oder
    • laufende Vergabe von Barcodes mit anschließendem Scanvorgang.

Im Anschluss an ihre Erfassung sind die Belege geordnet aufzubewahren, z. B. nach Zeitfolge, nach Belegnummern oder alphabetisch.

Elektronische Belege können durch

  • automatische Nummerierung (z. B. durch eindeutige Belegnummer),
  • Erfassung von Grundbuchaufzeichnungen in Registrier- oder PC- Kassensystemen oder Warenwirtschaftssystemen, unter Vergabe laufender Sequenznummern,
  • Ausschluss unprotokollierter Änderungen (§ 146 Abs. 4 AO) gesichert werden.

Sämtliche Belege müssen nach ihrer Erfassung bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfristen gegen Verlust durch Vernichtung, Diebstahl, versehentliche Datenlöschungen usw. geschützt werden. Gehören zu einer (Grundbuch-)Aufzeichnung oder Buchung mehrere Belege, bedarf es zusätzlicher Zuordnungs- und Identifikationsmerkmale für die Ver- knüpfung zwischen den Belegen und der (Grundbuch-)Aufzeichnung oder Buchung.

Beispiel: Die Rechnung eines Gemüsehändlers verweist hinsichtlich Menge und Art der gelieferten Waren auf die Lieferscheine. Wird nur die Rechnung gebucht, müssen die der Rechnung zugrunde liegenden Lieferscheine von einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit aufgefunden und geprüft werden können. Dazu ist es erforderlich, die Zuordnungs- und Identifikationsmerkmale aus dem Beleg bei der Aufzeichnung oder Verbuchung zu übernehmen, um die pro- gressive und retrograde Prüfbarkeit bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfristen zu gewährleisten.

Praxistipp

Lieferscheine stellen Handelsbriefe i. S. d. § 257 HGB dar, die von Kaufleuten innerhalb der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen aufzubewahren sind. Steuerlich gilt seit dem 1.1.2017 gemäss § 147 Abs. 3 Satz 3 u. 4 AO i.d.F. des Zweiten Bürokratieentlastungsgesetzes vom 30.6.2017 (BGBl I S. 2143).:

Bei empfangenen Lieferscheinen, die keine Buchungsbelege i. S. d.

§ 147 Abs. 1 Nr. 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt der Rechnung. Für abgesandte Lieferscheine, die keine Buchungsbelege sind, endet sie mit dem Versand der Rechnung.

Ungeachtet dessen muss von einer Vernichtung der Lieferscheine jedenfalls dann abgeraten werden, wenn aus den empfangenen oder abgesandten Rechnungen die Lieferzeitpunkte und die Art und Menge der gelieferten Gegenstände nicht ersichtlich sind. Denn diese Angaben sind dringend erforderlich, etwa wenn sich bei der Durchführung von Verprobungen (Summarische Risikoprüfung, Zeitreihenvergleich, etc.) Auffälligkeiten ergeben, die mit Vorlage der Lieferscheine entkräftet werden könnten.

Eigenbelege

Für bestimmte unternehmensinterne Geschäftsvorfälle sind Eigenbe- lege anzufertigen. Die Verpflichtung dazu ergibt sich aus § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Sie dient auch der Herstellung der Kassensturzfähigkeit. Fehlen solche Belege, handelt es sich nicht nur um einen formellen, sondern um einen schwerwiegenden materiellen Mangel.

Eigenbelege, insbesondere Einnahme- und Ausgabebelege sind daher

z. B. anzufertigen für

    • den Geldtransit, d. h. für

– Entnahmen aus der Geschäftskasse zwecks Einzahlung auf das Geschäftskonto,

  • Abhebungen vom Geschäftskonto zwecks Einlage in die Ge- schäftskasse oder
  • Verschiebungen zwischen mehreren Kassen,
  • für Privatentnahmen und Privateinlagen.

Zur Beweissicherung empfiehlt es sich, höhere Privateinlagen aus ei- genem Vermögen, aber auch aus dem Vermögen Dritter, insbesondere bei Geldflüssen unter nahen Angehörigen, möglichst unbar entgegen zu nehmen. Belege über Privateinlagen sollten zum Nachweis der Mit- telherkunft mit handschriftlichen Zusätzen versehen werden („vom Privatkonto“, „Schenkung der Eltern“ etc.), um im Rahmen einer Be- triebsprüfung nicht in Erklärungsnot zu geraten. Den Steuerpflichtigen trifft insoweit eine erhöhte Mitwirkungspflicht an der Aufklärung der Herkunft des Geldes (BFH vom 13.6.2013 – X B 132/12 und X B 133/12)

Grundsatz der Vollständigkeit

Allgemeines

Der Grundsatz der Vollständigkeit verlangt, dass alle Aufwendungen und Erträge, Privatentnahmen und Privateinlagen vollständig und lückenlos erfasst werden (Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht,). Jeder Geschäftsvorfall ist wahrheitsgetreu in Übereinstimmung mit den tatsächlichen Verhältnissen und im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften zu erfassen und zu verbuchen. Er darf anschließend nicht mehr unterdrückt werden (§ 146 Abs. 4 AO).

Die Buchung muss formell und sachlich richtig und mit ihrer zutreffenden Gewinnauswirkung dargestellt werden. Aus dem Gedanken der Beweisnähe gilt dies auch für Geldbewegungen im alleinigen Verantwortungsbereich des Unternehmers, etwa für Barerlöse. So ist z. B. eine Bon- oder Rechnungserteilung ohne Registrierung der bar vereinnahmten Beträge (Abbruch des Vorgangs) unzulässig (GoBD, Rz. 43).

Nach dem Gebot der Richtigkeit dürfen keine Geschäftsvorfälle aus- gelassen werden, andererseits dürfen auch keine Geschäftsvorfälle mehrfach gebucht (GoBD, Rz. 41) oder fingierte Geschäftsvorfälle hinzugefügt werden (z. B. „Luftbuchungen“ zur Vermeidung von Kassenfehlbeträgen). Ferner dürfen wahrheitsgemäße Werte, z. B. über die Höhe der Tageseinnahmen, nicht durch erdachte, falsche oder geschätzte Werte ersetzt werden.

Geldzählung und Zählprotokolle

Der Grundsatz der Vollständigkeit verpflichtet den Unternehmer auch, bei Ermittlung des Kassenbestands sowohl Papier- als auch Münzgeld exakt zu zählen. Rundungen sind nicht zulässig. Wird das „Kleingeld“ zunächst gesammelt und erst später kassenmäßig erfasst, unterliegt die Kassenführung einem schweren Mangel, weil die gebotene Kassensturzfähigkeit nicht gegeben ist.

Die Anfertigung von Zählprotokollen ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Auch die Rechtsprechung verneint eine Verpflichtung zur Anfertigung solcher Protokolle (AEAO zu § 146, Nr. 3.3 unter Hinweis auf BFH vom 16.12.2016 – X B 41/16, BFH/ NV 2017 S. 310). Ungeachtet dessen stellt sich die Frage, wie ohne Anfertigung eines Zählprotokolls der Gesamtbestand der Kasse ermittelt wurde. Insbesondere bei Kassenführung durch fremde Dritte sollten Unternehmer zu Kontrollzwecken ein großes Interesse an derartigen Aufzeichnungen haben. Werden Zählproto- kolle tatsächlich angefertigt, sind sie auch aufbewahrungspflichtig (Dokumentation des Nachweises der Zählung).

Neben der Anzahl an Münzen und Scheinen können in einem Zählprotokoll auch erhaltene Schecks, Kassenschnitte von Kartenzahlungsgeräten und Einnahmen in ausländischer Währung zeitgerecht dokumentiert werden. Damit wird als Nebeneffekt der Gefahr entgegen getreten, unbare Einnahmen mit dem tatsächlichen Bargeldbestand zu vermischen. Ferner lassen sich Unstimmigkeiten zwischen der Tageseinnahme laut Bedienerzetteln oder Tagesendsummenbon und dem tatsächlichen Kassenbestand (z. B. bei Diebstahl, Erfassungsfehlern, Fehlern bei Wechselgeldrückgaben, Annahme von Falschgeld, Vereinnahmung von Trinkgeldern etc.) feststellen und buchhalterisch zutreffend behandeln.

Im Übrigen kann nur mit Zählprotokollen glaubhaft gemacht werden, dass die Kassenendbestände tatsächlich gezählt und nicht erdacht sind oder nur rechnerisch ermittelt wurden. Aus dem Zählprotokoll muss deutlich werden, wer gezählt hat und wie eventuelle Differenzen buchhalterisch erfasst worden sind. Bei Kassenführung durch Dritte sollten Geldzählungen nach dem Vier-Augen-Prinzip vorgenommen werden (Auszählung mit zwei Unterschriften). Durch eine solche Vorgehensweise lässt sich ggf. auch der Verdacht auf nachträgliche Manipulationen durch den Unternehmer entkräften.

Bei größeren Münzbeständen ist die Verwendung eines Zählbretts oder einer Geldwaage sinnvoll.

Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht

Allgemeines

Unabhängig von der Entscheidung für eine bestimmte Art der Kas- senführung besteht grundsätzlich für jedes einzelne Handelsgeschäft prinzipiell die Verpflichtung, dieses auch einzeln aufzuzeichnen, ent- weder aufgrund steuerlicher Vorschriften (z. B. § 22 UStG) oder weil außersteuerliche oder branchenspezifische Regelungen bestehen, die den Unternehmer zur Einzelaufzeichnung der Geschäftsvorfälle ver- pflichten.

Der Grundsatz der Vollständigkeit erfordert i. d. R. die Aufzeichnung jedes Geschäftsvorfalls (Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben, Ent- nahmen, Einlagen) in einem Umfang, der eine Überprüfung seiner Grundlagen, seines Inhalts und seiner Bedeutung für den Betrieb er- möglicht. Allerdings sind branchenspezifische Besonderheiten und der Aspekt der Zumutbarkeit und Praktikabilität zu berücksichtigen. In Einzelfällen kann eine nur summarische Erfassung der Tageseinnahmen in Betracht kommen.

Welche Vorüberlegungen hat ein Unternehmer zu treffen?

Zunächst sind zwingend Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob die Ermittlung der Betriebseinnahmen durch

  1. laufende Einzelaufzeichnungen oder
  2. summarisch am Ende des Tages oder
  3. durch eine Kombination aus a) und b)

erfolgen kann oder gar muss. Diese Prüfung ist der erste wichtige Schritt auf dem Weg in die Ordnungsmäßigkeit der Kassenfüh- rung. Anschließend gilt es zu entscheiden, mit welchem System die Einnahmen und Ausgaben erfasst werden und ob die Tages- einnahmen

    • mit Kassenbüchern oder Kassenbestandsrechnungen,
    • mit Kassenberichten,
    • mit handschriftlichen Listen oder
    • (freiwillig) mit einer Registrier- oder PC-Kasse aufgezeichnet werden können oder müssen.

Prüfung der Einzelaufzeichnungspflicht

Steuerliche

Außersteuerliche

Branchenspezifische

Aufzeichnungspflichten Aufzeichnungspflichten Aufzeichnungspflichten

Geschäftsvorfälle

> 10.000 Euro

Werden elektronische Grund(buch)aufzeichnungen zur Erfüllung der Einzelaufzeichnungspflicht tatsächlich technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch geführt, dann sind diese Daten auch aufzubewahren und in maschinell auswertbarer Form vorzulegen. Insoweit stellt sich die Frage der Zumutbarkeit und Praktikabilität nicht (GoBD, Rz. 39).

Form der Einzelaufzeichnungen

Allgemeines

Der Gesetzgeber schreibt für Einzelaufzeichnungen kein starres System vor, sie können manuell, z. B. in Form von Rechnungen oder Quittungen, aber auch digital, etwa in Gestalt von Kassenauftragszeilen bei Registrierkassen (Waren, Preise etc.) oder Datensätzen eines Taxameters geführt werden. Die (Mindest-)Angaben richten sich nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Maßstab dafür sind die durchschnittlichen Anforderungen an Sorgfalt und Redlichkeit eines Kaufmanns unter Berücksichtigung und objektiver Beurteilung

      • des Zwecks der Buchführung,
      • der außersteuerlichen Rechtsnormen und der steuerlichen Ordnungsvorschriften sowie
      • der Zumutbarkeit der Aufzeichnungen.

Einzelaufzeichnungen erfordern i. d. R. Angaben über

  • die Identität des Verkäufers (Name, Firma, Anschrift),
  • die Identität des Käufers (Name, Firma, Anschrift),
  • den Inhalt des Geschäfts (Liefergegenstand, Art der Dienstleistung),
  • den Zahlungsbetrag (Gegenleistung),

soweit keine abweichenden Inhalte unter Berücksichtigung der tatsächlichen betrieblichen Abläufe oder der in der jeweiligen Branche bestehenden Besonderheiten in Betracht kommen.

Zeitnah, das heißt, unmittelbar zur Entstehung des jeweiligen Geschäftsvorfalls, sind aufzuzeichnen:

  • der verkaufte, eindeutig bezeichnete Artikel,
  • der endgültige Einzelverkaufspreis,
  • der dazugehörige Umsatzsteuersatz und -betrag,
  • vereinbarte Preisminderungen,
  • die Zahlungsart,
  • das Datum und der Zeitpunkt des Umsatzes,
  • die verkaufte Menge bzw. Anzahl (AEAO zu § 146, Nr. 2.1.3).
Identität der Vertragspartner

Im Rahmen der Einzelaufzeichnungspflicht kann unter Berücksichtigung branchenspezifischer Mindestaufzeichnungspflichten und dem Aspekt der Zumutbarkeit abhängig vom tatsächlichen Betriebsablauf auf die Aufzeichnung der Identität des Kunden (Namen, Anschrift) verzichtet werden (GoBD, Rz. 37).

Gegen den Grundsatz der Vollständigkeit (Einzelaufzeichnungspflicht) wird z. B. nicht verstoßen, wenn

ein Einzelhandelsunternehmen eine PC-Kasse ohne Kunden- verwaltung nutzt und den Namen des Kunden nicht aufzeichnet (Beispiel: Lebensmitteleinzelhandel),

ein Taxi- oder Mietwagenunternehmer aufgrund technischer Beschränkungen der handelsüblichen Taxameter und Wegstre- ckenzähler die Namen der Fahrgäste im Gerät nicht aufzeichnen kann (GoBD, Rz. 37),

der Betreiber eines Kiosks weder die Namen seiner Kunden fest- hält noch jeden einzelnen Umsatz separat aufzeichnet.

Werden Namen (und ggf. zusätzlich die Anschriften) von Kunden schon aus organisatorischen Gründen aufgezeichnet, sind diese Angaben not- wendige Bestandteile der Einzelaufzeichnung. Der Unternehmer kann sich in diesen Fällen nicht auf eine Unzumutbarkeit der Aufzeichnung berufen, da er sie tatsächlich aus innerbetrieblichen Gründen angefertigt hat. Dann sind diese Daten auch aufzubewahren und der Finanzbehörde vorzulegen, sofern gesetzliche Vorschriften dem nicht entgegenstehen (AEAO zu § 146, Nr. 2.1.5).

Beispiel: Aufzeichnung des Namens in einem Friseur- oder Kosmetikbetrieb:

Tatsächlicher

Betriebsablauf

Aufbewahrungs- und

Vorlagepflicht der Kundendaten

ja

Hinweis

Führung einer Kunden-

kartei mit Namen und Anschrift.

Kundenname wird im Terminkalender erfasst.

ja

Kundenname ist nicht be-

kannt (Laufkundschaft).

nein

Kunde muss nicht nach

der Anschrift befragt werden.

Kunde muss nicht nach Namen und Anschrift befragt werden.

Ähnlich verhält es sich z. B. in einem Floristikbetrieb. Werden Kun- dennamen aus organisatorischen Gründen bei Bestellungen von Hoch-

28.

zeits- oder Trauerfloristik tatsächlich aufgezeichnet, sind diese Daten aufzubewahren und vorzulegen. Für den alltäglichen Verkauf über die Ladentheke (Blumenstrauß o. ä.) ist es weder üblich noch erforderlich, den Kundennamen zu erfragen.

Einer Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz zufolge unterliegen Terminbücher/-kalender nicht den Aufbewahrungspflichten eines Friseurbetriebs FG Rheinland-Pfalz vom 24.8.2011, EFG 2012, S. 10). Im entschiedenen Fall führte das Gericht aus, dass Terminbücher weder unter die Unterlagen nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO noch unter die sonstigen für die Besteuerung bedeutsamen Unterlagen i. S. d. § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO fielen; ihnen sei lediglich organisatorische Bedeutung beizumessen (z. B. zur effizienten Personalsteuerung, Vermeidung von Wartezeiten, Vergabe von Kundenterminen). Dennoch erscheint es z. B. für Friseurbetriebe zweckmäßig, erstellte Terminbücher vor der Vernichtung zu bewahren. Denn im entschiedenen Fall hatte der Unternehmer seine ihm obliegenden Einzelaufzeichnungspflichten auf andere Weise erfüllt, nämlich durch Festhalten jedes einzelnen Umsatzes im Kassenbuch. Bei dieser Art der Aufzeichnung hatte das Gericht auch aufgrund der durchgeführten Verprobungen (Nachkalkulation, innerer und äußerer Betriebsvergleich) keinen Anlass gesehen, die Richtigkeit der ausgewiesenen Umsätze und Gewinne des Friseurbetriebs anzuzweifeln.

Sind in Terminkalendern auch Aufzeichnungen über Betriebseinnahmen gemacht worden, sind sie nicht mehr ausschließlich von organisatorischer Bedeutung. Dann handelt es sich um aufbewahrungspflichtige Einnahmeursprungsaufzeichnungen.

Anders können die Dinge in solchen Fällen liegen, in denen die formelle Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen nicht gegeben ist. Dann hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit den formellen Mängeln ein sachliches Gewicht zukommt. Insbesondere zur Höhe einer Schätzung gewinnen die Terminkalender dann sehr wohl erhebliche Bedeutung, die bei nachvollziehbaren Eintragungen auch zu Gunsten des Unternehmers ausschlagen kann.

Die hier speziell für das Friseurhandwerk gemachten Ausführungen gelten sinngemäß für Betriebsprüfungen in Kosmetik- und Nagelstudios, Massageinstituten, Praxen für Podologie oder Tattoo- und Piercingstudios.

Besonderheiten zur Aufbewahrungs- und Vorlagepflicht von Kunden-, Mandanten– und Patientennamen:

  1. Nach § 102 AO stehen bestimmten Berufsträgern Auskunftsverweigerungsrechte hinsichtlich der Patienten- oder Mandantennamen zu (z. B. Ärzten, Apothekern, Hebammen).
  2. Besteht nach einem außersteuerlichen Gesetz das Recht, nach Ablauf einer gewissen Frist bestimmte Unterlagen zu vernich- ten, kann dem entgegenstehen, dass die steuerlich maßgeben- de Frist noch nicht abgelaufen ist (§ 147 Abs. 3 Satz 2 AO), so etwa für Beförderungsaufträge im Mietwagengewerbe (§ 49 Personenbeförderungsgesetz).
  3. Besteht nach einem außersteuerlichen Gesetz die Pflicht, bestimmte Unterlagen zu vernichten (Vernichtungszwang), darf und muss der Stpfl. sie ohne Rücksicht auf ggf. steuerlich längere Aufbewahrungsfristen vernichten (z. B. Meldescheine im Beherbergungsgewerbe, § 30 Bundesmeldegesetz).

Kunden-, Mandanten- und Patientennamen:

  1. Nach § 102 AO stehen bestimmten Berufsträgern Auskunftsverweigerungsrechte hinsichtlich der Patienten- oder Mandantennamen zu (z. B. Ärzten, Apothekern, Hebammen).
  2. Besteht nach einem außersteuerlichen Gesetz das Recht, nach Ablauf einer gewissen Frist bestimmte Unterlagen zu vernich- ten, kann dem entgegenstehen, dass die steuerlich maßgeben- de Frist noch nicht abgelaufen ist (§ 147 Abs. 3 Satz 2 AO), so etwa für Beförderungsaufträge im Mietwagengewerbe (§ 49 Personenbeförderungsgesetz).
  3. Besteht nach einem außersteuerlichen Gesetz die Pflicht, bestimmte Unterlagen zu vernichten (Vernichtungszwang), darf und muss der Stpfl. sie ohne Rücksicht auf ggf. steuerlich längere Aufbewahrungsfristen vernichten (z. B. Meldescheine im Beherbergungsgewerbe, § 30 Bundesmeldegesetz).
Detailtiefe von Einzelaufzeichnungen

Das BMF verlangt Aufzeichnungen auf Artikelebene, ohne diese näher zu spezifizieren (AEAO zu § 146, Nr. 2.1.3) Das Umsatzsteuerrecht fordert dagegen eine „handelsübliche Bezeichnung“. Damit sind verschiedene Lösungen denkbar, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen.

Detailgrad 1 Detailgrad 2 Detailgrad 3

Hose z. B. Bundfaltenhose Damen, z. B. Marke, Form, Farbe, Anzughose Herren, Latzhose Größe, Bundweite, Länge, Kinder Artikelnummer

Friseurbedarf z. B. Shampoo z. B. Schuppenshampoo 250 ml, Hersteller, Artikelnummer

Bildung von Warengruppen

Werden der Art nach gleiche Waren mit demselben Einzelverkaufspreis in einer Warengruppe zusammengefasst, wird dies von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, sofern die verkaufte Menge bzw. Anzahl ersichtlich bleibt. Dies gilt entsprechend für Dienstleistungen (AEAO zu § 146, Nr. 2.1.3). In allen anderen Fällen sind detaillierte Einzelaufzeichnungen zu führen.

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit rechtfertigt nicht, dass Grundprinzipien der Ordnungsmäßigkeit verletzt und die Zwecke der Buchführung erheblich gefährdet werden. Die zur Vermeidung einer solchen Gefährdung erforderlichen Kosten muss der Steuerpflichtige genauso in Kauf nehmen wie alle anderen Anwendungen, die die Art seines Betriebs mit sich bringen (BFH-Urteil vom 26.03.1968, BStBl II S. 527; GoBD, Rz. 29).

Fortlaufende Nummerierung

Werden Einzelaufzeichnungen geführt, erfordert die formelle Ord- nungsmäßigkeit regelmäßig

    • eine Nummerierung der Belege (§ 14 Abs. 4 Nr. 4 UStG), die zumindest bei den Einnahmebelegen vorgedruckt, hilfsweise handschriftlich oder mittels Verwendung sog. Paginierstempel ergänzend aufgebracht werden muss,
    • die Angabe der Belegnummer(n) im Kassenbuch,
    • die Gewährleistung der Unverlierbarkeit des Geschäftsvorfalls.

Dabei erscheint eine fortlaufende Nummerierung aus umsatzsteuerlicher Sicht zunächst nicht zwingend erforderlich. Zwar werden Rechnungsnummern gefordert, die jedoch nur „Einmaligkeit“, nicht aber

„Lückenlosigkeit“ im Sinne fortlaufender Nummerierungen verlangen (§ 14 Abs. 4 Nr. 4 UStG). Der Unternehmer kann auch verschiedene Rechnungsnummernkreise verwenden. Für Kleinbetragsrechnungen bis 250,00 Euro entfällt die umsatzsteuerliche Pflicht zur Nummerierung sogar gänzlich (§ 33 UStDV).

Ungeachtet der umsatzsteuerlichen Aufzeichnungsverpflichtungen fordert die Finanzverwaltung jedoch vor dem Hintergrund der Vollständigkeit und Geordnetheit (§ 146 Abs. 1 S. 1 AO) für jeden Geschäftsvorfall (Beleg) eine eindeutige Belegnummer als Kriterium für die Vollständigkeitskontrolle, insbesondere bei umfangreichem Beleganfall (GoBD, Rz. 77, 94). Belege in Papierform oder elektronischer Form sind zeitnah, d. h. möglichst unmittelbar nach Eingang oder Entste hung gegen Verlust zu sichern (GoBD, Rz. 67), bei Papierbelegen z. B. durch fortlaufende Nummerierung, durch laufende Ablage in besonderen Mappen und Ordnern oder durch zeitgerechte Erfassung in Grundaufzeichnungen (GoBD, Rz. 68). Bei elektronischen Belegen kann die laufende Nummerierung automatisch vergeben werden (GoBD, Rz. 69). Die automatisierte Vergabe von Datensatznummern dient der organisatorischen Kontrolle der vollständigen und lückenlosen Erfassung und Wiedergabe der Geschäftsvorfälle, etwa durch Lücken- oder Mehrfachbelegungsanalysen (GoBD, Rz. 40).

Bei Einnahmen-Überschuss-Rechnern (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG) besteht keine Pflicht zur Vergabe numerisch fortlaufender und systembedingt zugleich lückenloser (und damit nachprüfbarer) Rechnungsnummern. Eine solche Pflicht ergäbe sich weder aus umsatzsteuerlichen Vorschriften (§§ 14, 22 UStG) noch ließe sie sich aus dem Vollständigkeitsgebot des § 146 AO herleiten (FG Köln vom 7.12.2017, 15 K 1122/16, rkr.).

Das Bundesfinanzministerium hat sich zu den Konsequenzen aus dem Urteil bisher nicht geäußert. Mit Hinblick auf die Regelungen in den GoBD sollten Sie auf die fortlaufende Nummerierung der Geschäftsvorfälle deshalb nicht verzichten.

In Betriebsprüfungen findet sich immer wieder Streitpotential hin- sichtlich auftretender Lücken in der Nummerierung elektronisch erfasster Geschäftsvorfälle. Häufig wird vorgetragen, es handle sich dabei um Leerbons oder Nullbons ohne steuerliche Relevanz, die etwa bei An- und Abmeldung an der Kasse durch einen Bediener oder durch Schubladenöffnungen entstehen können. Solche Bons sind zum Nachweis der Vollständigkeit der Aufzeichnungen aufbewahrungspflichtig, zumindest sollten sie nachträglich reproduzierbar sein. In welchen Fällen Leer- oder Nullbons generiert werden, muss sich aus der Verfahrensdokumentation ergeben. Ohne jegliche Erklärung der Lücken lässt sich die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung nicht belegen.

Grundsatz der Zeitgerechtheit

Allgemeines

Der Grundsatz der Zeitgerechtheit verlangt, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Entstehung eines Geschäftsvorfalls und seiner buchmäßigen Erfassung besteht (GoBD, Rz. 45). Geschäftsvorfälle sind möglichst nach ihrer Entstehung in einer Grundaufzeichnung oder in einem Grundbuch (= z. B. Kassenbuch) zu erfassen und anschließend grundsätzlich laufend zu buchen (Journal). Sich auf die Sammlung von Belegen zu beschränken, um die ihnen zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle erst nach Ablauf einer langen Zeit in die Grundbücher oder Grundaufzeichnungen einzutragen, widerspricht dem Wesen einer kaufmännischen Buchführung (GoBD, Rz. 46).

Das Merkmal „Zeitgerechtheit“ macht eine Unterscheidung zwischen der Entstehung eines Geschäftsvorfalls, seiner Erfassung und seiner Verbuchung erforderlich. Ein Geschäftsvorfall ist grundsätzlich unmittelbar und ohne schuldhafte Verzögerungen nach seiner Entstehung journalmäßig in den Grundaufzeichnungen zu erfassen. Erfassung in diesem Sinne bedeutet (noch) nicht die zwingende buchungstechnische

Erfassung in der Finanzbuchhaltung, sondern vorrangig die Sichtung und Sicherung des Belegs durch eine geordnete Ablage, etwa in einem Rechnungseingangs- oder Rechnungsausgangsbuch (Grundaufzeichnungsfunktion). Bei zeitlichen Abständen zwischen der Entstehung eines Geschäftsvorfalls und seiner Erfassung sind geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Vollständigkeit zu treffen, z. B. durch eine geordnete, übersichtliche und vor Zugriffen nicht berechtigter Personen gesicherte Belegablage.

Eine bestimmte Frist wird im Gesetz nicht benannt, insbesondere wird grundsätzlich keine tägliche Erfassung gefordert (Ausnahme: Kassengeschäfte). Allerdings müssen die entstandenen Geschäftsvorfälle und deren buchmäßige Erfassung in einem zeitlichen Zusammenhang stehen. Grundsätzlich gilt, dass Geschäftsvorfälle möglichst unmittelbar nach ihrer Entstehung in einem Grundbuch oder in einer Grundaufzeichnung festgehalten werden (GoBD, Rz. 46). Die GoBD sehen jede nicht durch die Verhältnisse des Betriebs oder des Geschäftsvorfalls zwingend bedingte Zeitspanne zwischen dem Eintritt des Vorgangs und seiner laufenden Erfassung in Grund(buch)aufzeichnungen als bedenklich an (GoBD, Rz. 47).

Eine Erfassung von unbaren Geschäftsvorfällen innerhalb von zehn Tagen ist unbedenklich. So wird es z. B. nicht beanstandet, wenn Waren- oder Kostenrechnungen, die innerhalb von acht Tagen nach Rechnungseingang beglichen werden, nicht kontokorrentmäßig in einem Geschäftsfreundebuch erfasst werden (GoBD, Rz. 49). Bei nur periodenweiser Buchung oder Aufzeichnung müssen unbare Geschäftsvorfälle bis zum Ablauf des Folgemonats erfasst werden. Außerdem muss sichergestellt sein, dass die zugehörigen Unterlagen bis zu ihrer Erfassung nicht verloren gehen können, z. B. durch laufende Nummerierung, durch Ablage in gesonderten Mappen und Ordnern oder durch elektronische Grundbuchaufzeichnungen in Kassensystemen, Waren- wirtschafts- oder Fakturierungssystemen (GoBD, Rz. 50). Dagegen sind bare Geschäftsvorfälle grundsätzlich täglich festzuhalten (§ 146 Abs. 1 2 AO). Er gibt aber Ausnahmen.

Kassengeschäfte

Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten (§ 146 Abs. 1 S. 2 AO; GoBD, Rz. 48). Für den Begriff zeitgerecht werden an Kassenaufzeichnungen damit höhere Anforderungen gestellt als an die übrige Buchführung.

Die Notwendigkeit größter Zeitnähe bringt es mit sich, dass der Unternehmer sein Kassenbuch oder seinen Kassenbericht selbst führen muss. Diese Verpflichtung kann somit praktisch kaum auf den Steuerberater oder einen externen Buchhalter delegiert werden.

Die Vorschrift des § 146 Abs. 1 Satz 1 AO, nach der Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen zeitgerecht vorgenommen werden müssen, erfährt durch § 146 Abs. 1 Satz 2 AO eine (verschärfende) Ergänzung in Bezug auf die baren Geschäftsvorfälle. Danach sind Kasseneinnahmen und Kassenausgaben grundsätzlich täglich, d. h. am selben Geschäftstag, an dem sie getätigt worden sind, festzuhalten. Davon kann nur in Ausnahmefällen abgesehen werden. So ist eine Verzögerung der Aufzeichnungen bis zum Abschluss des folgenden Geschäftstages z. B. dann hinnehmbar, wenn

    • zwingende betriebliche Gründe einer Aufzeichnung am gleichen Tag entgegen stehen oder
    • eine Aufzeichnung am gleichen Tag unzumutbar erscheint
    • und den Buchungsunterlagen (z. B. Kassenstreifen, Quittungen, Zwischenaufzeichnungen, sonstige Belege) sicher entnommen werden kann, wie sich der sollmäßige Kassenbestand seit Beginn des vorangegangenen Geschäftstages ermittelt hat AEAO zu § 146, Nr. 3.4).

Warum täglich?

  • Verhinderung von Manipulationen.
  • Gefahr des Verlustes von Unterlagen.
  • Gefahr falscher Zuordnung von Belegen.
  • Herstellung der Kassensturzfähigkeit.
  • Vermeidung erschwerter Aufklärung bei Fehlbeträgen.
  • Erhöhte Kontrollmöglichkeiten, da anders als z. B. bei Bank-

überweisungen häufig echte Fremdbelege fehlen.

Das Erfordernis des täglichen Festhaltens der Betriebseinnahmen ist erfüllt,

      • wenn der Inhaber eines Unternehmens, dessen Betrieb in der Nacht endet, den Kassenabschluss erst am nächsten Morgen durchführt. Gastwirte, Nachtclubbetreiber oder Taxiunternehmer sind damit nicht verpflichtet, um 24:00 Uhr eine Zwischenabrechnung über ihre Tageseinnahmen zu erstellen.
      • wenn ein Unternehmer urlaubsbedingt einen Dritten damit beauftragt, die Kassenabschlüsse geordnet aufzubewahren, um nach seiner Rückkehr die Eintragungen im Kassenbuch vornehmen zu können (FG Köln vom 27.1.2009, EFG 2009, S. 1092).
Werden unverbuchte Bareinnahmen erst im Zuge von Abschlussbuchungen (nachträglich) erfasst, ist die Buchführung mangels Zeitgerechtheit nicht ordnungsgemäß (BFH vom 26.10.1994 – X R 114/92, BFH/NV 1995, S. 373).

Die Zeitgerechtheit erfordert eine Sicherung der Geschäftsvorfälle gegen Verlust durch Grundbuchaufzeichnungen, entweder in Papierform (z. B. Kassenbericht, Kassenbuch) oder elektronisch (elektronisches Kassenbuch, Erfassung in Vor- und Nebensystemen). Werden Papierbelege erstellt (z. B. Quittungen), müssen diese bereits im Laufe des Tages bis zur Eintragung in den Grundbuchaufzeichnungen durch eine geordnete Belegablage gesichert werden. Auch bei Fallgestaltungen, in denen die Bareinnahmen nicht am Betriebssitz vereinnahmt werden, z. B. auf sog. „Schmuckpartys“ in fremden Haushalten, muss die Vollständigkeit der Geschäftsvorfälle bereits vor Ort durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden (GoBD, Rz. 47).

Ebenso sind bare Privateinlagen und Privatentnahmen täglich festzuhalten. Die anfallenden Eigenbelege müssen zwingend mit einem Datum versehen sein. Nicht ausreichend ist, wenn Privatentnahmen erst am Monatsende ermittelt und in einer Summe erfasst werden. Dass nur einmal monatlich Gelder für private Zwecke aus der Kasse entnommen werden, mag zwar in Einzelfällen möglich sein, entspricht aber regelmäßig nicht der Lebenserfahrung. Ebenfalls nicht ordnungsgemäß ist eine Kassenführung, bei der die Privatentnahmen und Privateinlagen im Büro des Steuerberaters – ggf. anhand telefonischer Angaben des Steuerpflichtigen aus der Erinnerung heraus – ohne Eigenbelege erfasst und gebucht werden.

Liegen über Privatentnahmen und Privateinlagen keine Belege vor, handelt es sich nicht nur um einen formellen, sondern um einen schwerwiegenden materiellen Mangel der Buchführung.

Grundsatz der Unveränderbarkeit

Aufzeichnungen in Papierform

Eine Buchung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verän- dert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiss lässt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden ist (§ 239 Abs. 3 HGB, § 146 Abs. 4 AO). In Papieraufzeichnungen sind

  • Durchstreichungen,
  • Radierungen,
  • Rasuren,
  • Überklebungen,
  • Löschungen,
  • Weißungen oder
  • Überschreibungen (FG München vom 14.10.2004 – 15 K 728/02)

unzulässig. Derartige Veränderungen führen immer wieder zu Problemen bei Betriebsprüfungen und sollten daher unbedingt vermieden werden.

Für handschriftliche Aufzeichnungen dürfen nur solche Schreibmaterialien verwendet werden, die gewährleisten, dass die Schrift nicht spurlos beseitigt oder verändert werden kann. Die Verwendung von Stiften, die das leichte Entfernen von Aufzeichnungen ermöglichen, ist danach grundsätzlich nicht zulässig (z. B. Bleistifte). Jede Aufzeichnung muss zudem bis zum Ablauf der steuerlichen Aufbewahrungsfrist lesbar bleiben.

Unzulässig ist auch, Zwischenräume in für gewöhnlich fortlaufenden Aufzeichnungen frei zu halten, um sich nachträgliche Einfügungen oder Ergänzungen vorzubehalten, z. B. „Platzhalter“ für Entnahmen und Einlagen in Kassenbüchern, um eventuell entstehende Kassendifferenzen oder -fehlbeträge nachträglich kaschieren zu können.

Aufzeichnungen in elektronischer Form

Besonders strenge Maßstäbe legt die Finanzverwaltung bei Beurtei- lung der Unveränderbarkeit an, wenn elektronische Aufzeichnungen geprüft werden. Das zum Einsatz kommende DV-Verfahren muss die Gewähr dafür bieten, dass alle Informationen (Programme und Datenbestände), die einmal in den Verarbeitungsprozess eingeführt werden (Beleg, Grundaufzeichnung, Buchung) nicht mehr unterdrückt oder ohne Kenntlichmachung überschrieben, gelöscht, geändert oder verfälscht werden können (GoBD, Rz. 108). Änderungen an Aufzeichnungen oder sonstigen Unterlagen müssen so protokolliert sein, dass der ursprüngliche Inhalt feststellbar bleibt (elektronisches Radierverbot, GoBD, Rz. 58, 107).

Ursprüngliche Datenbestände sind zeitnah festzuschreiben und zu verbuchen. Die Korrektur fehlerhafter Eintragungen oder Aufzeichnungen hat durch belegmäßig nachgewiesene Stornierungen, Umbuchungen oder Änderungen zu erfolgen, ohne den ursprünglichen Inhalt der Aufzeichnung unlesbar zu machen. Auch die Tatsache, dass überhaupt Änderungen erfolgt sind, muss sichtbar sein und bleiben (GoBD, Rz. 111). Sind Systemfunktionalitäten wie Löschungen oder Veränderungen einzelner Daten oder gar ganzer Datensätze spurenlos ohne Protokollierung möglich, nimmt das den Büchern und Aufzeichnungen regelmäßig die Beweiskraft.

Jeder Einsatz von Systemfunktionalitäten oder Manipulationsprogrammen, der den Anforderungen der §§ 146 Abs. 4 AO, 239 Abs. 3 HGB entgegenwirkt, führt zur Ordnungswidrigkeit elektronischer Bücher und Aufzeichnungen (GoBD, Rz. 112) und eröffnet dem Betriebsprüfer die Befugnis zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen. Bewusstes Manipulieren zieht regelmäßig die Einleitung eines Strafverfahrens nach sich.

Die Unveränderbarkeit von Daten, Datensätzen, elektronischen Dokumenten und Unterlagen kann sowohl hardwaremäßig, z. B. durch unveränderbare und fälschungssichere Datenträger, als auch softwaremäßig (Sicherungen, Sperren, Festschreibung, Löschmerker, auomatische Protokollierung, Historisierung, Versionierung) oder organisatorisch, z. B. durch Zugriffsberechtigungskonzepte, gewährleistet werden (GoBD, Rz. 110). Die Unveränderbarkeit muss bereits vom Zeitpunkt der ersten Speicherung an (Beginn der Buchungskette) sichergestellt sein (FG Düsseldorf vom 15.2.2007, EFG 2007 S. 814)

Internes Kontrollsystem (IKS)

Der Unternehmer hat für die Einhaltung der Ordnungsvorschriften des

§ 146 AO im Rahmen der Führung von Büchern und Aufzeichnungen in elektronischer Form Kontrollen einzurichten, auszuüben und zu protokollieren (GoBD, Rz. 100).

Kassenhersteller und Unternehmer stehen gemeinsam in der Pflicht Möglichkeiten zur Veränderung von Daten auszuschließen. Die dafür getroffenen Vorkehrungen müssen in der Verfahrensdokumentation festgehalten und erläutert werden. Die Umsetzung der notwendigen Schutzmaßnahmen in Ihrem Betrieb gemeinsam mit dem Kassenaufsteller sollte rechtlich durch Ihren Steuerberater begleitet werden. Er wird Ihnen auch ein wertvolle Hilfe bei der Erstellung einer Kassieranleitung für Ihre Mitarbeiter sein. Zu den Inhalten einer Kassieranleitung.

Die wirksame Einrichtung eines IKS beinhaltet z. B.

          • Zugangs- und Zugriffsberechtigungskontrollen auf Basis entspre- chender Zugangs- und Zugriffsberechtigungskonzepte (z. B. spezi- fische Zugangs- und Zugriffsberechtigungen),
          • Funktionstrennungen,
          • Erfassungskontrollen (Fehlerhinweise, Plausibilitätsprüfungen),
          • Abstimmungskontrollen bei der Dateneingabe,
          • Verarbeitungskontrollen,
          • Schutzmaßnahmen gegen die beabsichtigte und unbeabsichtigte Verfälschung von Programmen, Daten und Dokumenten,
          • Erstellung einer Kassieranleitung für Mitarbeiter.

Datensicherheit

Der Unternehmer hat sein DV-System gegen Verlust (z. B. Unauffindbarkeit, Vernichtung, Untergang und Diebstahl) zu sichern und gegen unberechtigte Eingaben und Veränderungen (Zugangs- und Zugriffskontrollen) zu schützen. Werden Daten, Datensätze, elektronische Dokumente und elektronische Unterlagen nicht ausreichend geschützt und können deswegen nicht mehr vorgelegt werden, so ist die Buchführung formell nicht mehr ordnungsgemäß (GoBD, Rz. 103, 104).

Darum müssen auch bei Hard- und Softwarewechseln im Unternehmen entsprechende Sicherungsmaßnahmen getroffen werden oder auch geeignete Aufbewahrungsorte gewählt werden, an denen Datenträger etwa vor Diebstahl, aber auch vor thermischen Einflüssen geschützt sind. Die Erstellung mehrerer Sicherungskopien zur Aufbewahrung an verschiedenen Orten ist ratsam.

Die Beschreibung der Vorgehensweise zur Datensicherung ist Bestand- teil der Verfahrensdokumentation. Die konkrete Ausgestaltung der Be- schreibung ist abhängig von der Komplexität und Diversifikation seiner Geschäftstätigkeit und Organisationsstruktur sowie des eingesetzten DV-Systems (GoBD, Rz. 106). Kleine und mittelständische Unterneh-

men unterliegen damit anderen Anforderungen als Großunternehmen, so lange das Datensicherungskonzept für die Art und Größe des Unternehmens hinreichend sicher ausgelegt ist.

Registrier- und PC-Kassen müssen die Gewähr dafür bieten, dass alle Informationen (Programme und Datenbestände), die einmal in den Verarbeitungsprozess eingeführt werden, anschließend nicht mehr unterdrückt oder ohne Kenntlichmachung überschrieben, ge- löscht, geändert, verfälscht oder durch neue Daten ersetzt werden können (GoBD, Rz. 108). Dazu dient die sog. Festschreibung unter Angabe des Festschreibedatums. Einige Kassensysteme gewähr- leisten die Unveränderbarkeit bereits mit der Registrierung des Ge- schäftsvorfalls (GoBD, Rz. 85). Werden die Daten nicht festgeschrie- ben, ist die Kassenführung mängelbehaftet.

Beispiel: Elektronische Grund(buch)aufzeichnungen einer Registrierkasse werden über eine Datenschnittstelle in ein Office-Programm expor- tiert, dort unprotokolliert editiert und anschließend reimportiert. Diese sog. to and back-Funktion ist ein unzulässiger Vorgang (GoBD, Rz. 109).

Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung (§ 147 AO)

Allgemeines

Wer nach handels- oder steuerrechtlichen Vorschriften zum Führen von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet ist, hat diese geordnet auf- zubewahren, um deren Beweiszweck sicherzustellen. Aufbewahrungs- pflichten betreffen nicht nur Kaufleute. Sie gelten auch für Unterneh- mer, die ihre Gewinne im Wege von Einnahmeüberschussrechnungen nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln (GoBD, Rz. 115).

Einordnung der Unterlagen

Grundsätzlich sind sich die handels- und steuerrechtlichen Vorschrif- ten zur Aufbewahrung von Unterlagen sehr ähnlich. Dennoch sind die steuerrechtlichen Regelungen hinsichtlich des betroffenen Personenkreises, des Umfangs der Aufbewahrungspflichten und der Dauer der Aufbewahrungsfristen weitgehender.

Nach § 147 Abs. 1 AO sind insbesondere die nachfolgenden Unterlagen aufzubewahren:

  • Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
  • die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe,
  • Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
  • Buchungsbelege,
  • sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

Sind die o. g. Unterlagen in Form von Daten, Datensätzen oder als elek- tronisches Dokument im Unternehmen entstanden oder dort eingegan- gen, sind sie grundsätzlich auch in dieser Form aufzubewahren. Sie dürfen dann nicht mehr ausschließlich in ausgedruckter Form aufbe- wahrt werden und müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist un- veränderbar erhalten bleiben.

Aufbewahrungsfristen

Aufbewahrungsfristen können insbesondere den §§ 257 und 261 HGB, 147 und 147a AO sowie 14, 14b UStG (GoBD, Rz 116) entnommen werden. Die Fristen sind nach Handels- und Steuerrecht teils unterschiedlich geregelt. Zwar stimmen sie generell überein, nämlich 6 Jahre oder 10 Jahre, der tatsächliche Ablauf der Aufbewahrungsfrist kann im Handels- und Steuerrecht jedoch auseinander laufen. Bei Unterlagen, die grundsätzlich der sechsjährigen Aufbewahrungspflicht unterliegen, verlängert sich der Zeitraum auf zehn Jahre, sofern die Unterlagen als Buchungsbeleg dienen. Für Verfahrensdokumentationen können längere Aufbewahrungsfristen zum Tragen kommen (§ 147 Abs. 3 Satz 3 AO).

Besondere Beachtung muss § 147 Abs. 3 S. 2 AO geschenkt werden. Ist eine außersteuerliche Aufbewahrungsfrist kürzer als die steuerliche Aufbewahrungsfrist, gilt für steuerliche Zwecke die steuerliche Frist (z. B. bei der Aufbewahrung von Beförderungsaufträgen i. S. d.

§ 49 Personenbeförderungsgesetz). Etwas anderes gilt bei außersteuerlichem Vernichtungszwang (Gesetzeskonkurrenz). So sind etwa Meldescheine im Beherbergungsgewerbe vom Tag der Anreise ein Jahr aufzubewahren und innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Aufbewahrungspflicht zu vernichten (§ 30 Abs. 4 Bundesmeldegesetz).

§ 147 Abs. 3 S. 2 AO steht der Vernichtung dann nicht entgegen.

Verantwortung

Für die Ordnungsmäßigkeit elektronischer Bücher und sonst erforderlicher Aufzeichnungen einschließlich der eingesetzten Verfahren ist allein der Steuerpflichtige verantwortlich. Diese Verantwortung kann selbst bei einer teilweisen oder vollständigen organisatorischen und technischen Auslagerung von Buchführungs- und Aufzeichnungsaufgaben nicht auf Dritte, z. B. auf Steuerberater oder Kassendienstleister delegiert werden (GoBD, Rz. 21). Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, sollten Sie gemeinsam mit dem Steuerberater die für Ihren Betrieb notwendigen Bücher, Aufzeichnungen und Unterlagen bestimmen, um die Kassenführung in die richtigen Bahnen zu lenken.

Das könnte Sie auch interessieren

Vorheriger Beitrag
BSI veröffentlicht technische Anforderungen für elektronische Aufzeichnungssysteme
Pinnen
Teilen
Teilen